Newsletter, February 2022

Paris, 1. Dezember 1991. Act Up-Aktivist:innen versammeln sich auf dem Platz von Notre Dame. Während die AIDS-Epidemie wütet, fordern sie die Kirche auf, die Verantwortung für die Verbreitung der Krankheit zu übernehmen. Um ihrer Forderung Gehör zu verschaffen, unterbrechen sie die sehr heilige Sonntagsmesse. Die Reaktionen lassen nicht lange auf sich warten. “Das ist ein absoluter Skandal”, sagt ein Mann, als er die Messe verlässt. “Wenn man selbst in einer Kirche nicht still sein kann!” Kein Zweifel: Die Aktion polarisiert.

Genau darum geht es beim zivilen Widerstand. Die institutionelle Politik versucht, einen Kompromiss zu finden. Zivile Widerstandsbewegungen wie Act Up und Extinction Rebellion polarisieren und zwingen die Öffentlichkeit dazu, zu einem Thema Stellung zu beziehen. Das Ergebnis? Die Befürworter:innen der Sache schaffen eine Basis von entschlossenen Aktivist:innen. Die Opposition neigt dazu, gewalttätig zu reagieren (was in der Bevölkerung nicht gerade auf Sympathie stösst!). Und der Rest der Bevölkerung? Sie wird gezwungen, sich eine Meinung zu bilden. 

Die Unterstützung für die Sache wächst durch wiederholte Wellen von Aktionen. Wieder und wieder. Bis sie so gross wird, dass die Bewegung unaufhaltsam wird. Die einzige Herausforderung besteht darin, die Polarisierung zu unseren Gunsten und nicht zu denen der Gegner zu nutzen. Und genau hier kommt die Gewaltlosigkeit ins Spiel.

Dies ist die Strategie der Extinction Rebellion und von ihren kommenden Kampagnen. Sie hat in der Vergangenheit funktioniert. Es ist die Pflicht von Menschen wie du und ich, für ihre eigene Zukunft und die ihrer Kinder, diese Strategie auch heute zum Funktionieren zu bringen. Wie, das erfahrt ihr in dieser Newsletter.

Mit Liebe und Wut,
Frank, Jamie und Marie, für das Newsletter-Team


Wie es jetzt klappt - die nächsten Veranstaltungen und Kampagnen!

  • Training für zivilen Widerstand - 5. Februar, Zürich. Ghandi, Martin Luther King, Otpor! Was kann Extinction Rebellion von diesen Bewegungen lernen? Was sind die Faktoren, die zum Sieg führen? Und welche Prinzipien und Mittel der gewaltfreien Aktion kann man anwenden, um erfolgreich zu sein? Erfahre mehr über die Strategie des gewaltfreien zivilen Widerstands in diesem eintägigen Training in Zürich. Hier anmelden! **LETZTER AUFRUF**
  • Zeit für die Rebellion der Wissenschaftler:innen! Du bist Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler und willst dich in einer nationalen und internationalen Kampagne des zivilen Widerstands engagieren? Dann ist es genau das Richtige für dich! Die Scientist Rebellion organisiert eine Reihe von Online-Konferenzen, jeweils Mittwochs, abwechselnd zwischen 10:00 und 20:30 Uhr MEZ (weitere Details und Anmeldung hier). Jede Veranstaltung dauert etwa 1,5 Stunden und umfasst eine Einführung in die Scientist Rebellion, einen Vortrag eines renommierten Forschers oder Forscherin und eine Diskussion, bei der du andere Teilnehmer:innen treffen und über verschiedene Handlungsmöglichkeiten sprechen kannst. Auf die Konferenzen folgt im April eine Kampagne direkter Aktionen überall auf der Welt, auch in der Schweiz! Ein Dokument mit der Aktionsübersicht findest du hier.

💥Halte ein Auge auf die Newsletter, und auch auf Twitter, Facebook und Instagram, denn weitere Aktionen und Kampagnen werden sehr bald folgen!💥


Wie es in der Vergangenheit funktioniert hat - Lehre von der Rebellion

Im Dezember haben wir darüber berichtet, was die Rebellion letztes Jahr in der Schweiz erreicht hat. Genauso wichtig wie das Feiern unserer Erfolge ist das Lernen aus der Rebellion - sowohl was funktioniert hat als auch was nicht so gut funktioniert hat. Die Rebell:innen der Koordinationsgruppe dieser Kampagne haben Rückmeldungen und Eindrücke von denjenigen gesammelt, die an der Rebellion im Oktober teilgenommen haben, und haben eine sehr umfassende Zusammenfassung erstellt. Lies sie durch, um herauszufinden, wie die Polarisierungsstrategie während und nach dieser Rebellionsphase funktioniert hat. 


Die Justiz auf unserer Seite

Straf- und Zivilverfahren sind einige der Mittel, mit denen die Behörden versuchen, gegen zivilen Ungehorsam vorzugehen und Menschen dafür zu bestrafen, dass sie für ihre Überzeugungen eintreten. Das Ziel ist oft nicht unbedingt ein Schuldspruch, sondern der Ärger, die Sorgen und der Zeitverlust, den ein Prozess mit sich bringt.

Solche Taktiken können jedoch nach hinten losgehen, wenn die Justiz sich weigert, sich mit den Interessen der Mächtigen zu arrangieren, und stattdessen auf das schaut, was wirklich gerecht ist. Das ist diesen Monat passiert:

Diese und andere Siege in der Justiz zeigen der Welt, dass diese Sache nicht nur gerecht ist, sondern dass die Anklagen der Behörden nicht einmal ihren eigenen Gesetzen standhalten. Normale Menschen werden weiterkämpfen, und der Versuch, sie mit Geldstrafen und Prozessen abzulenken, wird nicht funktionieren.

📢Um diesen Kampf vor den Gerichten fortzusetzen, organisiert die Arbeitsgruppe Recht der Rebellion im Mai ein Symposium mit Rechtsexperten, um sich live über Strategien und die Entwicklung der Protestgesetze auszutauschen und um XR-Anwälte aus dem deutsch- und französischsprachigen Raum zu treffen. Die Arbeitsgruppe sucht Personen, die bei den Vorbereitungen der Veranstaltung mithelfen möchten. Um dich anzumelden, trete der Gruppe Organize symposium auf Telegram bei.📢


Rebellion gegen den Hunger

In Deutschland hat sich die Rebellion der Letzten Generation darauf konzentriert, die Verschwendung von Lebensmitteln als ein Symptom des systemischen Überkonsums und der ungerechten Verteilung von Ressourcen anzuklagen. Beides sind natürlich auch Auslöser der Klimakrise in der wir uns jetzt befinden. In einer Aktion mit dem Titel “Save Food - Save Lives” befreiten die Aktivist:innen Lebensmittel aus Mülltonnen vor Supermärkten und verteilten sie kostenlos. Wenn du denkst dass dies relativ unkontrovers sein sollte, dann schaue dir mal dieses Video an, das zeigt, wie die Polizei auftaucht, um die Lebensmittel zu konfiszieren und wieder in den Müll zu werfen. Es gibt wohl kaum eine bessere Art und Weise, die Absurditäten unseres Systems zu enttarnen.

Anderswo haben die Letzte Generation Autobahnen blockiert, trotz Bedrohung durch manche gewalttätige Autofahrer:innen, und tun auch sonst alles, um auf die 18 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle aufmerksam zu machen, die in Deutschland jedes Jahr anfallen. Und bevor du denkst, dass Lebensmittelverschwendung in der Schweiz kein Thema sei, hier einen Bericht von 2019, der zeigt, dass zwei Drittel der Lebensmittelabfälle in der Schweiz vermeidbar sind. Zeit für eine Lebensmittelverschwendungs-Rebellion in der Schweiz? 😉